Dienstag, Juli 17, 2007

Marianne Sägebrecht liest im Remter aus ihren Büchern


Jeder Quadratzentimeter an ihr ist Gefühl. Marianne Sägebrecht ist höchstpersönlich das übervolle Gefäß für ihre „Überlebenssuppen“, einem Buch, aus dem sie im Remter am Mittwochabend. vorlas. Die Sägebrecht ist eine Seherin. Alles hat eine Bedeutung. Dass sie zum Beispiel so widerstandsfähig, nicht nur wirklich ist, sondern auch äußerlich Regen, Hagel und Kälte trotzt, das liegt daran, erklärte sie ihrem Publikum, dass sie im November 1944 gezeugt worden ist. Ein Kind der Stunde Null. Ein Kind der Liebe. Dreißig Jahre später taucht sie als Jasmin Münchstettner in der Kalifornischen Wüste auf. In dem Film „Out of Rosenheim“. In brütender Hitze in ein Lodenkostüm gepresst ebenso wie in die Ehe mit einem, von dem man, laut Drehbuch, bald nur noch die Rücklichter sieht. Diese Jasmin, deren Herzenswärme, Seelenruhe und Selbstverständnis sich auf ihre ganze Umgebung auswirkt, Wunder oh Wunder bewirkt, konnte nur eine Schauspielerin sein. Die Sägebrecht. Danach war sie in Filmen noch viele Andere. Aber in allen steckte Jasmin, also der Geist und das Herz und alle Lebensgesetze, die für Marianne Sägebrecht gelten. Essen zum Beispiel. „Ich spucke Feuer und Asche!“ wenn das nicht sofort losgeht. Das ist ihre Mitte. Und diese Liebe, dieses utopische Interesse an Menschen. „Mein Haus hat keine Wände“ sagt sie, alles offen, es muss immer jemand da sein, der das Herdfeuer bewacht. Und „Carpe diem! Wenn man sich morgens aus dem Bett schwingt. Und es schwapp macht. Dann muss man sich hinstellen und den Tag heiligen.“ Nur den. Morgen früh den nächsten. Es wird warm, wenn man ihr zuhört, einer urigen, knödeligen Bayerin, die immer wieder in herzhaftes Lachen ausbricht. Ihre Wahrheiten erzählt, aus ihren Büchern vorliest. Sie redet nicht. Sie sendet. Ein leichtes Sirren liegt in der Luft.
Die Geschichte von diesem Frauengenerationshaus, in dem sie lebt. Mutter Agnes, Tochter Daniela, Enkelin Alina. Sie wohnt noch immer in der Wohnung ihrer, inzwischen toten, Mutter. Sie appelliert an Offenheit, Ausprobieren neuer Lebensmodelle auf der privaten Ebene. Es sei nicht Sache des Staates, Familien zu organisieren. Sie radebricht die Philosophie der Hildegard von Bingen auf sägebrechtsch. Ihre Bücher sind Anleitungen für ganzheitliches Denken und Rezepte für die ewige gute Suppe auf dem Feuer des Lebens. „In 60 Jahren hat sich viel angesammelt“ entschuldigt sie ihre Wortflut, aber keiner in dem komplett ausverkauften Remter hätte etwas dagegen gehabt, wenn sie immer weiter gemacht hätte. Warum man ihr alles glaubt? Natürlich ist sie ein Star, „Für die, die nicht zur Uschi Glas gehen.“ Aber sie ist vor Allem eins: selten eins mit sich, als Mensch geerdet und authentisch. Ein wunderschöner Abend. Sicher auch wegen diesem blendenden Adonis Lenn Kudrjawizki, mit dem sie in Filmen spielt und auf Lesereisen geht. Ein Freund, ein fantastischer Geiger und Sänger, der, und das heißt eine Menge, neben so viel Frau, eine Super-Figur abgab.

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