Samstag, August 23, 2008

Angelika Milster auf Kirchentour


Angelika Milster hat ihre Liebe zu geistlicher und klassischer Musik entdeckt und singt jetzt am liebsten in großen Kirchen

Manche kommen auf die Bühne und sagen „Hallo Guten Abend liebes Publikum!“ oder so in etwa. Angelika Milster macht das anders. Sie kommt, während alle schon seit einigen Minuten erwartungsvoll den Pianisten auf der Bühne ansehen, von hinten. Von einem Spot, ein Lichtstrahl, der von oben kommt, schreitet sie lächelnd durch die Mitte des vollbesetzten Kirchenschiffs der Jacobikirche. Ein Tosen hebt an, Beifall, Standing Ovations schon vor ihrem ersten Ton. Mit traumwandlerischer Sicherheit tritt sie schließlich auf die Bühne. Und beginnt mit einer Händel-Arie ihr Konzert 2008 in Stralsund. So war das am Freitagabend. Und das „Dank sei Dir Herr“, das sie dann anstelle einer Begrüßung sang, klang wie ein Sakrileg. So eine Kirche, die wäre ohne Gott nicht gebaut worden. Und ohne Gott und die Kirchen gäbe es auch nicht diese herrliche Musik. Und es macht ihr offensichtlich Spaß, hier zu singen.
Es sind klassische und geistliche Lieder, ein Programm, das sie seit ein paar Jahren in Kirchen singt. Sie sagt, es sei ihr Leitspruch, von dem großen Kuchen Musik unentwegt zu naschen. Ein großes Stück Musical, ein Eckchen Schlager, die ganze Klassik-Garnitur. Eine Opernausbildung habe sie ja, auch wenn sie dann zu temperamentvoll dafür gewesen sei. Sie wollte ja noch mehr, als ein Leben lang dieselben Arien singen. Dass sie auf der Höhe ihres Ruhms dann als Sängerin und Schauspielerin die Klassik und die geistliche Musik, Kirchenmusik, für sich entdeckt hat, ist also nahe liegend. Jetzt Ja. Also singt sie Bachs „Ave Maria“, das „Wiegenlied“ von Brahms, Händels „L´aschia ch´io pianga“, ein tiefes und mystisches „Kyrie“ von Paolo Rusticelli oder das berühmte „Jerusalem“ von Stephan Adams, so hymnisch und extrovertiert interpretiert, dass man dazu marschieren möchte.
Sie hat sich für diese Musik keine Kunststimme zugelegt. Sie singt wie die Milster eben singt. Atemberaubend kraftvoll, wo holt diese Frau die Luft her, mit dem sie die Töne hält? Manchmal vergisst sie sich leidenschaftlich, sie hantiert in weit ausholenden Gesten, als könnte sie jeden Moment abheben. Immer wieder wird sie bejubelt. Singt am Ende, als Zugabe erst, „Memory“ aus Cats. „Ich singe dieses Lied heute zum 4000. Mal, sagt sie. Und wenn man das nicht auch wüsste, könnte man denken, sie hätte es gerade eben zum ersten Mal gesungen. Hingabe, Seele und Leidenschaft – und kein bisschen abgenutzt.

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