Dienstag, September 02, 2008

Ein Promi-Dinner mit italienischer Oper in Stralsund


Opernsänger und Regisseurin des Theaters haben die Presse bekocht

Das wars schon wieder mit „La Bella Musica“. Von Donnerstag bis Samstag dieser Woche finden die letzten Vorstellungen mit den schönsten Melodien Italiens auf der Seebühne statt. Es war ein Erfolg. Mehrere Vorstellungen waren komplett ausverkauft. Bänke wurden dazugestellt. Resümiert Karina Schulz, zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Theaters Vorpommern. Nur an einem Abend musste man wegen schlechten Wetters ins Theater ausweichen. Schauspieler, Sänger, Ballett und Orchester wurden begeistert gefeiert. Das Theater ist mit den gesamten Ostseefestspiele 2008 - das war „La Bella Musica“ auf der Seebühne, „Tosca“ in der Kulturkirche und „Die Perlenfischer“ im Theater – mehr als zufrieden.
Kürzlich kam ich deshalb in den Genuss eines ausgesprochen unterhaltsamen lokalen Promi-Dinners: Ein Abend für Sopran, Bariton und Bass, Regisseurin und große Küche. Ja, es wurde für mich gekocht. Heilige Pasta! Dachte ich. Wenn Opernsänger kochen: Maria Callas hatte zum Beispiel eine Vorliebe für blutige Steaks und roh pürierte Leber, mit Öl beträufelt.
Eva Resch, die Sopranistin, an deren Küchentisch sich die illustre Abendgesellschaft versammelt hatte, zum Glück nicht. Dafür servierte sie ein köstliches Antipasti-Potpourri: In Knoblauch eingelegte Paprika und Zuccini, ausgebackene Melanzane mit Mozarella gefüllt, Parmaschinken an Honigmelone und knuspriges Bruscetta. Man entkorkte den Weißwein, ein Geschenk des Weinladens, ein köstlicher und fruchtiger, herrlich kühler Soave Classico. Denn auch die Außentemperaturen waren an diesem Abend ganz und gar italienisch. Während des nächstens Gangs - Regisseurin Alexandra Kieser hatte ein enormes Zutaten-Ensemble liebevoll zu einer gehaltvollen Minestrone zusammeninszeniert – kam die Idee auf, die Erfolgs-Story mit der verirrten Taucherin Gerda Schulze und dem italienischen Eisverkäufer Giovanni im nächsten Jahr einfach weiterzuspinnen. Es soll ja auch Bühnenhelden geben, die man erst köpft und im nächsten Jahr wieder auferstehen lässt. Da könnten doch die beiden im nächsten Jahr in die Flitterwochen fahren, italienische Arien singen, den ersten Ehekrach absolvieren, Arien gäbe es dafür genug, und natürlich: italienisch essen. Oper und Küche – das ist die große Amore der Italiener. Der deutschen Liebhaber italienischer Opern natürlich auch. Keine Oper ohne Trinklied oder Gelage. Souppa, Pizza, Pasta, Dolce sind überlebenswichtig. Essen ist LebensArt. Rossini hat bekanntlich über die Leidenschaft zum Kochen das Komponieren schließlich ganz aufgegeben. Pfirsich Melba, verblüffte Bryan Rothfuss, Spross einer amerikanischen Opernsänger-Familie, mit seinem Spezial-Wissen, sei eine Hommage an die australische Sängerin Helen Porter Mitchell, die sich Nellie Melba genannte habe. Auch das Gericht Chicken Tetrazzini ist einer Sopranistin gewidmet, einer Italienerin, die vor 100 Jahren lebte und die auf alle Fälle, wie Fotos beweisen, zu viel davon gegessen haben muss. Während Bassist und Bühnen-Mafiosi Bernhard Leube mit dem nächsten Gang überraschte: Spaghetti Frutti di Mare a la Sizilia – ausreichend für eine ganze Mafia-Bande – entspann sich eine Diskussion um die vorlaute Behauptung einer bekannten Wochenzeitschrift die in ihrem Magazin posaunt hatte, dass die Oper Stralsund die schlechtesten Besucherzahlen des ganzen Landes habe. Es sei, so Karina Schulz, auf die Anfrage, welchen Quellen diese Mathematik und der daraus resultierende Image-Schaden zugrunde liege, bisher keine Antwort eingegangen. Bryan Rothfuss setzte zum Abschluss mit einem Himbeertiramisu auf das Außergewöhnliche. Vermutlich eine Liebeserklärung an den pinkfarbenen Motor-Roller und die löffelbisquitgelben Hosen mit espressobraunen Karos seiner Auftrittsarie aus dem Barbier von Sevilla. Man schwärmte einvernehmlich und prostete sich mit der nächsten geöffneten Weinflasche, inzwischen ein hervorragender roter Tropfen, zu. Es war ein vergnüglicher Abend.
Fazit für mich: 1. Opernsänger, vor Allem Sopranistinnen, können doch ziemlich gut kochen. 2. Falls im nächsten Hamburger Magazin stehen sollte, dass die Oper Stralsund die schlechtesten Besucherzahlen der ganzen Welt haben soll, muss sofort angebaut werden, weil der Eintrag im Guinness-Buch die Besucher in Scharen herlocken wird. Und 3. Nicht jedes Pressegespräch sollte vier Gänge haben, sonst sehe ich bald aus wie Luisa Tetrazzini.

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