Hoteleröffnung Beug´s Hafenspeicher
Text: Juliane Voigt
Datum: 2008-09-04
Jahrelang stand er einfach nur da, ohne irgendetwas zu sein. Ramponiert und ausgebrannt zwar,
aber für eine Ruine auch wieder zu stolz. Nutzlos, aber gekonnt lässig an der Ecke lehnend, direkt vorne an der Hafenkante. Was sollte nur aus dem noch mal werden?
Ein Hotel ist er geworden. Der Hafenspeicher am Querkanal. Am Wochenende ist die offizielle Eröffnung von „Beug´s“ Hafenspeicher – Appartement- und Wellnesshotel, Restaurant und Bar. Der Unternehmer C.A. Beug hat das Backsteingebäude 1870 errichtet, um Kohle, Petroleumkisten und Antriebsöl für Schiffsmotoren einzulagern. Die Schiffe des Reeders legten direkt vorm Haus an. Das war das Geschäft des Eisengießers, der zudem auch noch Bier braute.
Jochen Geiling hat den Speicher nach dem Brand im Jahr 2002 gekauft. Die Idee für ein Hotel lag an dieser exponierten Stelle zwar nahe. Aber es selbst zu machen? Architekt und Hotelier sind keine unbedingt verwandten Berufe. Inzwischen aber begeistert er sich für Beides und betreibt das Haus engagiert und mit höchst individuellem Anspruch zusammen mit seiner Lebensgefährtin Christine Helm.
Die ersten Gäste waren auch schon da. Drei Doppelzimmer und sieben Appartements mit Kochgelegenheit und Schlafgalerien befinden sich in den drei Etagen. Die Gäste lieben das Haus. Und viele Stralsunder, so Geiling, seien auch schon vorbeigekommen. Sie freuen sich über dieses Stück gerettete Altstadt und interessieren sich natürlich für den Ausblick von der so genannten „Dachlaterne“. Ein Stück Himmel mit weitem Blick, zu erklimmen über die restaurierte Original-Holztreppe aus dem früheren Erdgeschoss. Geiling ist als Architekt nicht sehr autoritär vorgegangen. Er hat Beug gelassen, wo er konnte. Die dicken Holzbalken sind sandgestrahlt, die Backsteine im Gastraum unverputzt, der alte Speicher innen und von außen als solcher erkennbar.
Dennoch besticht die Ausstattung durch Modernität und gute Gestaltung. „Design?“ sagt er, „nicht um jeden Preis.“ So wird auch das Restaurant mit den 38 Sitzplätzen thematisch den „Handel und Wandel im Stralsunder Hafen 1870“ aufgreifen. Küchenchef Philipp Langhammer ist allerdings alles andere als von gestern und setzt auf gesunde Bistro-Küche, die sich wechselnd am saisonalen und regionalen Angebot orientiert. Mittags werden Gemüse-Suppen angeboten. Fleisch und Fisch, betont er, kommen als etwas Besonderes auf den Teller. Und aus dem Zapfhahn fließt kühles „Beug´s-Braunes“ und „Beugs-Blondes“ – eine Spezialität dieses Hauses. Jochen Geiling lässt das Bier in einer süddeutschen Brauerei produzieren. Braunbier, so wie Beugs es noch gebraut hat, ist aus der Mode gekommen. Aber es schmeckt viel würziger und malziger. „Und es hat nicht die üblichen Nebenwirkungen, weil es länger gebraut wird.“ So Geiling.
Zum Winter wird in dem alten Speicher noch eine herrliche Lehmsauna fertig werden. Und wer es schon immer wollte aber nie geschafft hat, kann jeden ersten Freitag im Monat zwanglos unter professioneller Anleitung Gesellschaftstänze üben. „Danz op de deel“ heißt diese sehr sinnvolle Institution. Und wer nun endlich mal wissen will, was man von der Dachlaterne aus alles sehen kann, hat die Chance, sich in der Langen Nacht des offenen Denkmals von Jochen Geiling persönlich nach oben führen zu lassen.
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